Aquarelle

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Darüberhinaus

Das Tor zur Aquarellmalerei hat mir meine 98-jährige Großmutter geöffnet. Sie demonstrierte mir über Monate, wie "einfach" die Technik ist, wie unbedarft und frei man vorgehen kann. Staunend sah ich ihr zu - schon allein deshalb, weil sie früher nie gemalt hatte. Schon gar keine Aquarelle. Während sie über dem Blatt hing, sah es aus, als hätte sie nie etwas anderes getan. Sie schien genau zu wissen, was sie will, wo die Reise des Bildes hingeht. Verlor sie dennoch mal den Faden, war "die Hölle los". Stinksauer war sie, wie blöd das begonnene Bild aussieht. Wie eine "große Künstlerin" fiel sie in das Loch der Enttäuschung über die eigene Unfähigkeit. Kenn ich nur zu gut. Ich versuchte, den großen Frust aufzufangen, das Bild - in ihrem Sinne - zu retten. Das klappte oft - sie tauchte wieder engagiert in den Malprozess ein. Manchmal sagte sie auch erst 24 Stunden später: "Das, was wir gestern gemalt haben - das ist richtig gut geworden."

Sie demonstrierte mir nicht nur, wie einfach das Aquarellieren sein kann, sondern zeigte mir besonders eines: Aquarellmalen macht glücklich. Sehr!
Ok, dachte ich, als sich meine Großmutter Ende April 2022 verabschiedete. Dann versuche ich es noch mal, nehme einen weiteren Anlauf, obwohl ich diese Technik längst aufgegeben hatte.

Manchmal lehne ich mich nun stark an den abstrakten Stil meiner Großmutter an, manchmal ist mir nach figürlichen Motiven, wie ich es gewohnt bin.